Eine beängstigende Zukunftsvision durch totale Überwachung
Das Mittelstufentheater spielt „Der Circle“ frei nach Dave Eggers gleichnamigem Roman.Teilen ist Heilen! Tracking durch implantierte Chips für die Sicherheit aller Kinder dieser Welt! Demokratie pur, über einen personalisierten Pflichtaccount im World Wide Web, mit der Verpflichtung das Wahlrecht zu nutzen! Allzeit die Gesundheit im Blick - durch einen Schluck-Sensor im Körper! Weltweit Kameras im Daumenformat für eine optimale Vernetzung und bestmögliche Informationsbeschaffung!
So sieht es die Zukunftsvision des Internetgiganten „Der Circle“ vor, um das sich das Theaterstück der zehnköpfigen Schauspielgruppe des Adam-Kraft Gymnasiums unter der Leitung von Stephanie Hitzler drehte.
Die bildgewaltigen Aufführungen, die an zwei Abenden im Blauen Theater des Adam-Kraft Gymnasiums stattfanden, basierten auf dem Roman „Der Circle“ von Dave Eggers.
Dabei verfolgt der mächtige Internetriese nur ein Ziel, nämlich den Kreis zu schließen, der sich hinter dem Anfangsbuchstaben des gleichnamigen Titels „Der Circle“ verbirgt, indem eine vollkommen gläserne und transparente Gesellschaft erschaffen werden soll. Um dies in die Tat umzusetzen, strebt die Firma immer neue Innovationen an: Alles, unter dem Deckmantel der Fürsorge und nutzbringenden Vernetzung.
Mae Holland, die Hauptperson, welche facettenreich von Lilli Jerichow, Larissa Hausladen, Helene Deilke und Lisbeth Kuhl verkörpert wurde, steigt schnell die Karriereleiter empor, wie eine Szene mit dem Musiktitel „Higher and Higher“ sowohl akrobatisch als auch tänzerisch zur Schau stellte. Einzig ihre Freundin Annie, überzeugend verkörpert durch Julia Wehl und Lara Schenker, und ihr Freund Mercer, der von den Schülern Finn Yabroudi, Fabian Klein und Niklas Rau feinfühlig sein Gesicht erhielt, sind die moralischen Instanzen in Maes blindem Aufwärtsstreben, die jedoch kein Gehör finden.
Das Sammeln tausender „Zings“ und „Likes“ verhilft Mae letztlich die Karriereleiter emporzuklettern. Roboterartig tauchten darum an verschiedenen Stellen der Inszenierung die Schauspieler und Schauspielerinnen, darunter auch Melissa Joneck, auf der in blauem Licht erstrahlenden Bühne auf, um eigens dem Rating-Prozess ein eindrucksvolles, gleichfalls witziges Bild zu geben. Beim immer wiederkehrenden „Dream-Day“, einer inszenierten Propaganda-Veranstaltung für die Vorstellung der neuesten Entwicklungen des Konzerns wurde sogar das Publikum von der überragenden Lara Schenker so zum Johlen und Applaudieren angeheizt, dass es selbst zum Teil des Stückes und damit des Unternehmens wurde.
Das gut gefüllte Blaue Theater erlebte am Ende die erschütternde Katastrophe durch das totalitäre System des Circles mit, als Niklas Rau, alias Mercer, nach einer beklemmenden Verfolgungsjagd in den Tod gezwungen wurde und dramatisch von der Bühne in den Abgrund stürzte. Während sich gefühlskalt alle abwenden, bleibt nur Mae verzweifelt, schreiend, kauernd, in rotes Licht getaucht, allein auf der Bühne zurück. Dies bildete den Abschluss, einen weiteren Gänsehautmoment, in der rundum gelungenen und kurzweiligen Inszenierung des Mittelstufentheaters.
Text: Stephanie Hitzler
Fotos: Dr. J. Möhler